Warum Erholung der Schlüssel ist
Fortschritt entsteht in den Pausen – nicht im Training selbst. Muskeln wachsen, das Immunsystem stabilisiert sich, Energie wird aufgebaut. Zahlreiche Studien belegen, dass unzureichende Regeneration das Risiko für Verletzungen, Überlastung und sogar chronische Gesundheitsprobleme erhöht. Daher ist es entscheidend, deine Erholungswerte aufmerksam zu beobachten und dein Training entsprechend anzupassen.
Wichtige Erholungswerte – mit praktischen Leitlinien
Schlafqualität
Orientierung: Die National Sleep Foundation und andere führende Gesundheitsorganisationen empfehlen für die meisten Erwachsenen 7 bis 9 Stunden Schlaf pro Nacht. Für Personen über 65 Jahre können 7-8 Stunden ausreichend sein. Weniger als 7 Stunden Schlaf pro Nacht wird mit erhöhten Gesundheitsrisiken in Verbindung gebracht.
Warnsignal: Konsequent weniger als 6 Stunden Schlaf über mehrere Nächte oder anhaltende Einschlaf- und Durchschlafprobleme sind ein deutliches Zeichen für erhöhte Belastung und unzureichende Erholung.
Praxis: Etabliere feste Schlafenszeiten, auch am Wochenende. Vermeide Blaulicht (von Smartphones, Tablets, Computern) mindestens eine Stunde vor dem Schlafengehen.
Ruheherzfrequenz (RHF)
Normwerte:
Untrainierte Erwachsene: Typischerweise liegt die RHF zwischen 60 und 80 Schlägen pro Minute (bpm). Einige Quellen nennen auch einen Bereich von 50-90 bpm.
Trainierte Ausdauersportler: Oftmals weisen sie eine deutlich niedrigere RHF auf, typischerweise zwischen 35 und 60 bpm, wobei Spitzensportler Werte um 35-40 bpm erreichen können.
Warnsignal: Steigt deine RHF über mehrere Tage hinweg um 5–10 bpm über deinen persönlichen Durchschnittswert, kann dies auf Stress, beginnende Krankheit, Übertraining oder unzureichende Regeneration hindeuten.
Praxis: Messe deine RHF jeden Morgen direkt nach dem Aufwachen im Liegen, bevor du aufstehst oder dich körperlich betätigst. Achte auf konsistente Messbedingungen.
Herzfrequenzvariabilität (HRV)
Typische Werte: Die HRV (gemessen oft als RMSSD in Millisekunden) ist sehr individuell und variiert stark je nach Alter, Geschlecht und Fitnesslevel. Generell gilt: Ein höherer HRV-Wert deutet auf eine bessere Erholung und Anpassungsfähigkeit hin, während ein niedrigerer Wert auf Stress oder Müdigkeit hindeuten kann. Typische Bereiche für gesunde Erwachsene können zwischen 20 und 70 ms liegen, aber auch darüber oder darunter.
Warnsignal: Ein deutlicher Abfall deiner individuellen HRV um etwa 20 % oder mehr über 3–4 Tage unter deinen persönlichen Mittelwert ist ein starkes Indiz dafür, dass dein Körper zusätzliche Erholung benötigt und eine Anpassung des Trainings sinnvoll ist.
Praxis: Bewerte nicht einzelne Tageswerte, sondern beobachte Trends über Wochen. Nutze dafür konsistente Messungen, idealerweise morgens nach dem Aufwachen.
Herzfrequenz-Erholung (HRR)
Orientierung: Die HRR misst, wie schnell dein Puls nach einer Belastung (z. B. 1–2 Minuten auf dem Stepper oder zügiges Laufen) wieder abfällt:
Pulsabfall nach 1 Minute:
- ≥ 12 Schläge: Gilt als normal und ist ein gutes Zeichen für die kardiovaskuläre Fitness.
- < 12 Schläge: Kann auf eine eingeschränkte Erholung oder Fitness hinweisen.
Pulsabfall nach 2 Minuten:
- ≥ 22 Schläge: Wird als sehr gut bewertet.
Warnsignal: Bleibt dein Puls nach einer Belastung ungewöhnlich lange hoch oder fällt er nur langsam ab, kann dies ein Zeichen für Überlastung, unzureichende Fitness oder andere gesundheitliche Probleme sein.
Praxis: Messe die HRR nach einer standardisierten, immer gleichen Belastung (z. B. nach 3 Minuten lockerem Laufen oder einer festen Anzahl von Wiederholungen einer Übung). Notiere den Puls direkt nach der Belastung und dann nach 1 und 2 Minuten.
Subjektives Empfinden (RPE - Rated Perceived Exertion)
Skala 1–10 (Beispiel):
- 8–10: Du fühlst dich fit und bereit für intensives Training.
- 5–7: Du bist moderat müde; eine leichtere Trainingseinheit oder aktive Erholung ist sinnvoll.
- 1–4: Du fühlst dich erschöpft; eine vollständige Pause oder sehr leichte aktive Erholung (Spazierengehen, Mobility-Übungen) ist angebracht.
Praxis: Bewerte jeden Morgen kurz deine Tagesform und dein Energielevel. Dieses subjektive Feedback ist eine wertvolle Ergänzung zu den objektiven Daten.
So passt du dein Training an
Alles im grünen Bereich: Führe dein geplantes Training normal durch.
Ein Wert auffällig, Gefühl aber gut: Passe dein Training leicht an, z. B. reduziere die Intensität oder das Volumen.
Mehrere Werte auffällig und du fühlst dich müde: Lege einen Regenerationstag ein (z. B. Spaziergang, Mobility, leichtes Dehnen).
Werte über 1–2 Wochen durchgehend schlecht: Reduziere die Gesamtbelastung deutlich, überprüfe deine Schlafhygiene und Stressfaktoren. Bei anhaltenden Problemen solltest du ärztlichen Rat einholen.
Fazit
Durch die Kombination von objektiven Messwerten und deinem subjektiven Empfinden wird dein Training steuerbar und effektiver:
- Schlaf: Ziel sind 7–9 Stunden pro Nacht.
- RHF: Ein dauerhafter Anstieg von +5–10 bpm über deinen Durchschnitt deutet auf Belastung hin.
- HRV: Ein Abfall von >20 % unter deinen Mittelwert signalisiert Regenerationsbedarf.
- HRR: Ein Pulsabfall von <12 Schlägen nach 1 Minute kann auf schwache Erholung hindeuten.
- Gefühl: Eine subjektive Bewertung unter 5 auf deiner Skala erfordert eine Pause.
👉 Starte einfach: Miss eine Woche lang morgens deinen Ruhepuls und notiere deine Tagesform. Schon dieser kleine Schritt macht dein Training deutlich effektiver – und gesünder. Achte darauf, dass diese Werte immer im Kontext deiner individuellen Physiologie und deines Trainingszustands interpretiert werden sollten.